Wir haben Wahlkampf. In diesen Zeiten ist es durchaus erlaubt, dass es rhetorisch etwas härter zur Sache geht. Doch was ist, wenn man Widersprüche erzeugt, die einzig und allein nur dazu dienen politisch verlorenen Spielraum zurückzugewinnen? Gefährdet es nicht die Grundpfeiler einer Demokratie? Verändern diese nicht die Sicht auf die Dinge des Lebens? Und verführen sie nicht zur Verletzung von selbst erstellten Regeln?
Am 25. Juni veranstaltete die SPD ihren Programmparteitag für die Bundestagswahl im September dieses Jahres. Das Programm selbst, wurde wie man es von der SPD inzwischen gewohnt ist, mit 100 Prozent angenommen. Die rund 600 Delegierten waren also gemeinsam der Meinung, dass das Wahlprogramm der Sozialdemokraten, genau die richtigen Themen anspricht. Eines kann man also ohne weiteres nach der Bundestagswahl tun – Jede(r) einzelne Delegierte kann für die drohende Wahlniederlage der SPD in Verantwortung genommen werden.
Das es Martin Schulz mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt, wissen wir ja schon. In seiner Rede auf den Parteitag äußerte er folgenden Satz:
„Die Union fördere sogar bewusst und mit Vorsatz, dass weniger Menschen wählen gingen, weil eine sinkende Wahlbeteiligung zulasten der anderen Parteien gehe. “
Da wundert sich der Wähler aus Nordrhein-Westphalen mächtig. Bei der letzten Landtagswahl in unserem Land stieg die Wahlbeteiligung von 59,6 auf 65,2 Prozent. Auch die Wähler im Saarland kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Stieg doch deren Wahlbeteiligung am 26. März dieses Jahres von 61,6 auf 69,7 Prozent. Und auch den Wähler in Schleswig-Holstein mag es die Sprache verschlagen haben. Statt 60,2 Prozent im Jahr 2012 gingen im Mai 2017 64,2 Prozent der Wahlberechtigten ihrem Wahlrecht nach. Diese Landtagswahlen hatten eines gemeinsam. Verlierer bei steigender Wahlbeteiligung waren stets die Sozialdemokraten.

Ein gefährliches Spiel das der SPD Vorsitzenden mit seinen Mitgliedern und den demokratischen Gepflogenheiten unseres Landes spielt. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Als Ergänzung zu dem der eben der Unwahrheit bewiesenen Satz, führte Schulz weiter aus:
„Dann nennt man das in Berliner Kreisen vielleicht asymmetrische Demobilisierung. Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie“
Wie verzweifelt muss man angesichts der Umfragezahlen in der Parteizentrale sein, wenn man eine Kanzlerin die weltweit geachtet wird und eines der erfolgreichsten Länder der Welt führt, im Prinzip die Verletzung des Artikels 56 und 64 des Grundgesetzes vorwirft.
ART 56 GG:
Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:
„Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.
Art 56 GG:
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.
Der andere Schulz Effekt
Diese nah an der Demagogie liegenden Aussagen, sind es die unsere Demokratie gefährden. Ein Partner der sich im Übrigen bei dem Vorgehen in der Frage „Ehe für Alle“ als unzuverlässig erwiesen hat. Die Vorstellung der Kanzlerin mit einer konzertierten Aktion, eine Niederlage zuzufügen, ging mächtig daneben. Durch das Freigeben der Abstimmung als „Gewissensentscheidung“ verhinderte die Kanzlerin zwar nicht die Annahme des zeitgemäßen Gesetzes, doch stellte sie mit dem Vorgehen sicher, dass das Thema nicht Gegenstand des Wahlkampfes wurde.
Was bleibt ist, dass sich die Genossen entschieden hatten, gegen den eigenen Koalitionspartner zu stimmen. Trotz des Wissens, dass man dieses Thema, bei den Koalitionsverhandlungen im Jahr 2013, nicht durchsetzen konnte. Ein merkwürdiges Verständnis was die Sozialdemokraten von unserer Demokratie haben.
Wie sich am letzten Wochenende am Rande des G20 Treffens herausgestellt hat, gibt es noch mehr Menschen in diesem Land, die meinen die Demokratie wäre eine Einbahnstraße. Die eigene Meinung wird über das Recht der Allgemeinheit gestellt. Richtig ist aus deren Sicht nur das 100-prozentige. Wer dagegen verstößt, der wird mit allen Mitteln bekämpft. Wer seine Demonstration „Welcome to Hell“ – „Willkommen in der Hölle“ nennt, der ist in der Wortschöpfung kreativ doch in seiner Tat und/oder dem insgeheimen Sympathisieren eindeutig. Es sind die Berufsdemonstranten die gestern gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) demonstrierten und dann Trump auch schon mal als „Hassprediger“ bezeichneten, obwohl dieser das Abkommen eigentlich verhindert hat. Die Taten von Hamburg wurden von einigen Tausend Menschen verursacht. Doch die Zahl der schweigenden Mehrheit ist um ein wesentliches größer.
Wenig überraschend, war dann auch das Verhalten von Politikern aus den Farbbereichen rot, lila und grün zu bewerten. Sonst reagiert man äußest zügig, wenn es um Äußerungen in den Medien zu Gewaltausbrüchen gegen Ausländerheimen, Flüchtlinge, andere Minderheiten oder gegen Angriffe auf die eigene Person geht. Stattdessen gab es diesmal floskelhafte Bekenntnisse und fein säuberlich vorbereitete Pressetexte wie der der Grünen „Spitzenkandidaten“ Göring-Eckhardt und Özdemir:
„Die gewalttätigen Ausschreitungen in der vergangenen Nacht in Hamburg verurteilen wir auf das Schärfste. Diese Gewaltexzesse sind keine Protestform, sondern brutale und sinnlose Zerstörung, die auf dem Rücken der Polizisten und den Anwohnern ausgetragen wird. Das Anzünden von Autos und Barrikaden, das Einschlagen von Fensterscheiben, das Plündern von Geschäften, ist weder revolutionär noch systemkritisch – es ist schlicht kriminell, gemeingefährlich und verantwortungslos und muss als solches konsequent strafrechtlich verfolgt werden. ….“

Doch kaum war dieser Text veröffentlicht, las man von einem falsch gewählten Ort und vor allem das es für die Ausschreitungen nur einen Schuldigen geben könne. – Die Polizei mit ihrer falschen Einsatztaktik. Diese Einschätzung ist definitiv falsch. Es darf in unserem Land keinen falschen Ort geben. Die Demokratie kennt keine No-Go-Areas. Jedenfalls steht davon in unseren Grundgesetz nicht geschrieben. Die die dieses Recht schützen, dürfen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, weil sie für uns dieses Recht bewahren.
Gewalt bleibt Gewalt
Es darf keinen Unterschied zwischen denen geben, die Häuser anzünden und denen die dies mit Fahrzeugen tun. Wenn Ausländer angegriffen werden oder auf dem Dach eines Hauses Menschen warten um andere mit lebensgefährlichen Steinen zu attackieren, ist und bleibt dies ein Verbrechen. Die Unterscheidung nach politischen Spektrum ist egoistisch und gefährlich.
Das Handeln der Verantwortlichen in der SPD und die Vorfälle in Hamburg sind völlig unterschiedlich. Doch sie entspringen einen gemeinsamen Denken. Es geht um die politische Macht um jeden Preis. Dieses riskante Spiel betreiben beide Seiten. Die Verantwortlichen in der SPD und die Sympathisanten der Vorgänge während des G20 Gipfels. Dies ist ein wahrer Anschlag auf die Demokratie.
Die Welt ist schön, wenn Du sie änderst!