Syria - Europe

In dem Buch „Die gestohlene Revolution: Reise in mein zerstörtes Syrien“ beschreibt die Autorin Samar Yazbek ihre Erfahrungen, die sie seit 2012 in Syrien gemacht hat. Mehrmals kehrte sie aus dem französischen Exil in ihr Heimatland zurück. Mit jeder Rückkehr änderte sich die Lage dramatisch. Der einstmalige auch von den Westeuropäischen Staaten und Medien gepriesener „Arabischer Frühling“, verwandelte dieses Land in einen Haufen von Trümmern, unzähligen Gräberfeldern und wurde zum Spielball unzähliger militärischer Gruppierungen. Man erfährt über Kinder denen Arme und Beine fehlen und über Menschen die noch während die Bomben des Baschar al-Assad-Regimes fallen, die neuen Leichen begraben. Die Autorin berichtet zugleich über Soldaten die aus fremden Ländern stammen und wie diese von den einen geduldet und von den anderen abgelehnt werden.

Europa und der Rest der Welt, hat auf diesen Multi-kausalen Krieg in Syrien bisher keine Antwort gefunden. Hinzu kommt, dass man die bis vor einigen Jahren guten Beziehungen mit Russland, durch ungeschicktes Vorgehen in der Ukraine, insbesondere bei der Durchsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens verspielt hat. Somit fehlte in den vergangenen Monaten, eine entscheidende Einflussmacht in der Region um eine Wende im Bürgerkriegsland herbeizuführen.

Am 9. Juli 2015, gab das in Genf ansässige Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) bekannt, das sich 4 Millionen syrische Flüchtlinge im Ausland auf der Flucht befinden. Hauptaufnahmeländer waren zu diesen Zeitpunkt die Türkei mit 1,8 Millionen, der Libanon mit 1.2 Millionen, Jordanien mit 630 Tausend,  Irak mit 250 Tausend und Ägypten mit 132 Tausend Menschen.  Das UNHCR bezifferte die Zahl der Binnenflüchtlinge mit 7 Millionen. Zusammengenommen war die Anzahl der Flüchtlinge im Juli also genauso groß, wie die Stadt Berlin Einwohner zählt. Jedoch nicht einmal, sondern gleich dreimal.

Seit Wochen erleben wir nun einen Zustrom von Menschen, die aus dem vorderasiatischen Land Zuflucht suchen. Jeder der daran zweifelt, dass diese Menschen in Europa aufgenommen werden sollten, empfehle ich das Buch von Samar Yazbek zu lesen. Immer wieder habe ich während des Lesens versucht, mir die schwierigen Situationen vorzustellen. Sehr oft habe ich mich dabei ertappt, wie allein die Vorstellung des beschriebenen Leides weh tat.

Abgestelltes Schlepperfahrzeug im Bayerischen Wald
Abgestelltes Schlepperfahrzeug im Bayerischen Wald

Europa ist in der Frage der Flüchtlinge tief gespalten. Fabrice Leggeri seines Zeichens Chef der Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex), sagte bereits am 06.03.2015 in einem Interview gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa:

„Unsere Quellen berichten uns, dass zwischen 500.000 und einer Million Migranten bereit sind, Libyen zu verlassen…. Die Europäische Union müsse sich auf eine noch schwierigere Situation einstellen als im vergangenen Jahr. „

Doch auf die oft viel gescholtene Agentur wollte niemand hören. Am 26.Juni 2015 fand eines der vielen EU-Gipfel zum Thema statt. Man einigte sich auf die Verteilung von 60.000 Flüchtlingen innerhalb der EU. Im Prinzip ein Fortschritt, wenn die Vereinbarung nicht die Klausel der Freiwilligkeit beinhaltet hätte. Vor allem die osteuropäischen Staaten, das Baltikum, Tschechien, Ungarn und Großbritannien waren gegen eine verbindliche Regelung.

Die Bundeskanzlerin antwortete auf eine Frage, mit Bezug auf das Flüchtlingsthema, in der nachfolgenden Pressekonferenz wie folgt:

„Wir haben schon eine ganze Reihe von Herausforderungen bewältigt – von der Finanzkrise über die Wirtschaftskrise bis hin zur Euro-Krise -, aber hier sehe ich eine Riesenaufgabe auf uns zukommen. Hier wird sich entscheiden, ob Europa dieser Aufgabe gewachsen ist.“

Diese Aussage der Bundeskanzlerin, zeigt ihre frühe Analyse des Problems deutlich. Als Ende August. diesen Jahres,  der Druck der in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge zu groß wurde, handelte sie mit der Aussetzung des Dublin-Abkommens auch danach. Ein Tweet des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge änderte dann die Situation in Europa komplett.

Von nun an, waren sämtliche Bestimmungen der Einreise in die Europäische Union ausgehebelt. Die Flüchtlinge die die Balkanroute als Fluchtweg nutzten, waren nicht mehr bereit, sich den Verordnungen des Dublin III Abkommen zu unterwerfen und sich in Ungarn registrieren zu lassen. Infolgedessen strömten diese in Richtung Österreich und Deutschland. Am 04.09.2015 vereinbarte die Bundeskanzlerin und ihr österreichische Amtskollege Werner Faymann, nach Absprache mit der ungarischen Regierung, eine Einreise ohne bürokratische Hürden und Kontrollen. Somit waren die deutschen Grenzen für jedermann offen. Was folgte. war ein nicht mehr zu kontrollierender Zustand.

Am darauf folgenden Wochenende kamen allein in München über 20.000 Asylbewerber an. Tausende freiwillige Helfer waren in ganz Deutschland bereit um bei der Aufnahme zu helfen. Das hat unserem Land weltweite Beachtung eingebracht. Von U2 Sänger Bono
„Niemand tut genug – mit Ausnahme von Deutschland“, über den britischen Independant„Wir geben es nicht gerne zu, aber moralisch verhält sich Deutschland besser als wir“, bis zum Vertreter des UNHCR Hans ten Feld, der Deutschland als „Leuchtendes Beispiel“ bezeichnet.

Doch die „Merkelwelle“ war schneller vorüber als gedacht. Es war ein ehemaliger Innenminister, der sich als erster mit der Kritik aus der Deckung wagte. In der Passauer Neuen Presse vom 11.09. wurde ein Interview mit Hans-Peter Friedrich veröffentlicht. Die Grundaussage seines Statements lautete: „Wir haben die Kontrolle verloren!“ Doch dabei blieb es nicht. Die Zahl der Kritiker des Merkelkurses, dass das Asylrecht keine Grenzen kennt, wurden tagtäglich mehr.

Die Beifallsstürme an den Bahnhöfen, sind in kürzester Zeit der Realität gewichen. Der Realität, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem die Aufnahme „schlicht und ergreifend aus Kapazitätsgründen ein Ende findet“, so Gunther Krichbaum, Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag.

Am 11.09. ermittelte das ZDF-Poltitbarometer auf die Frage „Kann Deutschland so viele Flüchtlinge verkraften“ eine Zustimmung von 62 Prozent. Nur 14 Tage später, sank dieser Wert auf 57 Prozent. Ein rasanter Fall für diesen kurzen Zeitraum. Das heißt zwar immer noch, dass dies eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung so sieht, doch ist diese Aussage kein Garant für die Zukunft. Ein Indikator für diese These, ist der erstmals ermittelte Rückgang in den Zustimmungswerten der Kanzlerin.

Europe - Syria
Europe – Syria

Wer den Fall der Berliner Mauer erlebt hat, die Vereinigung der ehemals getrennten deutschen Staaten, die Einführung der D-Mark und des Euros, der weiß wie schnell Ephorien schwinden. Deutschland rechnet mit einen Neuzugang von Flüchtlingen die über  1 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Es wird nicht mehr das Land sein, was es gestern war. Es kommt darauf an, die Hilfe suchenden Menschen so schnell wie möglich zu integrieren. Sie müssen unsere Sprache lernen und Akzeptanz gegenüber unseren Grundwerten wie der Parlamentarischen Demokratie, die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder der Religionsfreiheit ausüben. Was das dem Grunde nach heißt, konnte dieser Tage die rheinland-pfälzische CDU-Partei- und Fraktionschefin Julia Klöckner selbst erfahren. Beim Besuch eines Flüchtlingheimes in Idar-Oberstein, verweigerte der Imam einer naheliegenden islamischen Gemeinde den Handschlag, worauf das Treffen mit diesem ganz abgesagt wurde.

Allein dieses Beispiel verdeutlicht, es wird ein langer und harter Weg. Zudem ist ein Ende des Flüchlingstromes noch nicht abzusehen.

Als Deutschland am 13. September eine Möglichkeit des Schengen-Abkommens wahrnahm und an den Südgrenzen die  Grenzkontrollen wieder einführte, war die Kritik an der Bundeskanzlerin nicht zu überhören. „Das ist im Grunde eine Kapitulation des Rechtsstaats“, sagte der CSU Ministerpräsident Horst Seehofer, mit dem Rückblick auf die vergangenen Tage im Freistaat Bayern. Der derzeitige Innenminister Thomas de Maizière drückte in der Fernsehsendung maybrit illner seine Kritik noch deutlicher aus.

„Außer Kontrolle geraten ist es mit der Entscheidung, dass man aus Ungarn die Menschen nach Deutschland holt“

Es steht außer Zweifel, die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in den vergangenen Wochen großes für unser Land getan hat. Gleiches hatten vor ihr Helmut Schmidt bei der Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses oder Gerd Schröder mit der Aganda 2010 getan. Beide mussten die Erfahrung machen, dass manchmal Entscheidungen durchzusetzen sind, die am Ende mit einem Verlust des Amtes verbunden sind. Angela Merkel wird um diese Erfahrung nicht herumkommen.

Die letzten Tage haben bei so manchen Politiker Wunden hinterlassen, die sich nicht so schnell schließen lassen. Die Widerstände gegen die Politik der Bundeskanzlerin werden weiter wachsen und die Zustimmung zu ihrer Politik wird weiter schwinden. Sei es der aufkommende Ärger gegen geschlossene Turnhallen, steigende Arbeitslosenzahlen (Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles) oder nicht vorhanden Wohnungen im sozialen Wohnungsbau.

Das Ende der Ära Merkel ist eingeläutet.

 

Die Welt ist schön, wenn Du Sie änderst!

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Von fkmoegelin

In den veröffentlichten Artikeln beschreibe ich die Welt aus meiner Sicht. Diese sind durchaus politisch, aber immer fern von Blockdenken und / oder einer bestimmten politischen Richtung. Die Artikel sind Konkret. Aussagen die bloße Behauptungen sind, finden sie bei mir nicht. Damit bewahre ich meine Unabhängigkeit. Der Standpunkt ist mir wichtig. Dies ist mein Konzept – Frei von Vorurteilen und Paradigmen.