Als am Sonntag den 25.1.2015 die Wahlentscheidung in Griechenland feststand, war das Ergebnis für die meisten Europäer keine Überraschung. Vielen war es seit Wochen klar, dass das Land eine politische Kehrtwende einleiten wird.
Über 25 Prozent der Menschen im arbeitsfähigen Alter, haben in diesem Land keine Arbeit. Laut der Studie „State Budget Office“ die im Oktober 2014 an die Öffentlichkeit gelangte, lebten im Jahr 2013, 2,5 Millionen Griechen unterhalb der offiziellen Armutsgrenze. Eurostat bezifferte die von Armut bedrohten Menschen auf 3,8 Millionen. Rechnet man diese zwei Zahlen zusammen, verblieben von den 11 Millionen Volk, nur 4,73 Millionen Griechen die im Jahr 2013, zum wirtschaftlichen Aufschwung des Landes beitragen konnten. Das waren knapp 43 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Das bei dieser Konstellation, ein Staat wirtschaftlich erfolgreich sein kann, ist nahezu undenkbar. Man muss kein studierter Wirtschaftswissenschaftler sein, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Die neue griechische Regierung ist bedauerlicherweise der Meinung, dass es Europa mit seinen Institutionen war, die das Land in diese prekäre Situation gebracht haben. Schauen wir doch einmal zurück in die Vergangenheit.
Am 01.01.1999 wurde der Euro als Buchgeld eingeführt. Griechenland erfüllte die Kriterien nicht und wurde erst 2001 Teil des Euroraumes. Wie sich im Laufe der Zeit herausstellte, hätte das Land niemals Mitglied des Euros werden dürfen, da die Griechen sich seit mindestens 1997, als Meister der kreativen Buchführung erwiesen. Die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegte Begrenzung des jährlichen Haushaltsdefizits auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wurde bis zum Beitritt nicht ein einziges Mal erfüllt.
Der Eurobeitritt begann somit mit einer Unwahrheit.
Statt nach dem Beitritt zur Eurozone zur Ehrlichkeit zurückzukehren, wurde auch in den kommenden Jahren frank und frei mit den Zahlen weiter manipuliert. Zwischen 2005 und 2009 lieferte Athen mit einer unbeschreiblichen Arroganz weiterhin falsche Daten nach Brüssel. So wurden aus einem 1,8 Prozent Defizit für das Jahr 2009, nach mehreren Korrekturen ein Defizit von 13,6 Prozent.
Aber es waren nicht nur die Eurokritiker, die mit ihrer Warnung vor der Aufnahme Griechenlands in den Euro, bestätigt wurden. Vielmehr taten die politischen Verantwortlichen in Griechenland alles um bei ihrem Wählervolk einen guten „Eindruck“ zu hinterlassen.
Nur ein Jahr nach dem Beitritt zum Euro, stiegen die Ausgaben in der öffentlichen Verwaltung von 4,7 auf wundersame 15,1 Prozent. Als 2014 die damalige Regierung unter Andonis Samaras, unrechtmäßige Einstellungen in den Staatsdienst bekämpfen wollte, stieß diese auf harten Widerstand der heutigen Regierungspartei SYRIZA. In 5 Städten und Gemeinden wurden zum damaligen Zeitpunkt unverhältnismäßig hohe Umwandlungen von Zeitverträgen in die Beamtenschaft festgestellt.
Zu den Problemen der griechischen Gesellschaft gesellten sich neben diversen Wahlgeschenken, Korruption und Steuerhinterziehung. Mehrere Milliarden Euro entgingen den griechischen Staat allein dadurch, dass keine Steuern bezahlt wurden. Die Kultur des „Fakelaki“ – das ist der Umschlag mit etwas Geld für alle Lebenslagen – ist trotz aller Krisen und Armut in dem Land, ein ständiger Begleiter.
Im Frühjahr 2010 startete für Griechenland das erste Rettungspaket mit einer ausgezahlten Summe von 73,0 Milliarden Euro. Im Dezember 2012 folgte das zweite Paket mit 163, 7 Milliarden Euro. (Stand Dezember 2014)
Über die Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) bürgte damals Deutschland in Höhe von 211 Milliarden Euro. Das waren 2/3 des Bundeshaushaltes. Als dieses Instrument nicht mehr ausreichte, einigte man sich im Februar 2012 auf ein offenes und transparenteres Regelwerk dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
Wurde der EFSF nur durch Bürgschaften finanziert, ist der ESM eine internationale Finanzinstitution die sich durch eingezahltes und abrufbares Kapital finanziert. Deutschland ist mit 27 Prozent daran beteiligt. Diese Summe setzt sich aus 21,7 Milliarden eingezahlten und 168,3 Milliarden abrufbaren Kapital zusammen.
Griechenland hat aus beiden Hilfsprogrammen des EFSF rund 240 Milliarden Euro erhalten. Das eigentliche Problem, war jedoch, dass nur ein kleiner Teil im Staatshaushalt Griechenlands ankam. Ein Großteil der Summen ging an Geldhäuser und Kapitalanleger wie Attac-Österreich feststellte. Geld das nirgendwo ankommt kann auch nicht ausgegeben werden.
Somit ist das Syndrom Griechenland in Bezug auf den Euro schon umschrieben. Den Menschen in Griechenland wurden durch die Finanzinstitutionen, immer mehr Einsparungen aufgezwungen. Ständige Steuererhöhungen und die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben, vermochten das Land nicht auf einen Erfolgskurs bringen. Ganz im Gegenteil, es verschwand fast ein Viertel der griechischen Wirtschaft und die Arbeitslosenzahl stieg immer weiter an – ein Teufelskreis.
Spätestens an diesem Punkt muss man sagen, hat die europäische Idee versagt. Geld kann nicht der „Wunderheiler“ eines nichtfunktionierenden Systems, wie es die griechische Gesellschaft darstellt sein. Die Macht des Geldes hat Grenzen! Europa hätte mehr auf das griechische Volk vertrauen müssen, als auf Banken, Oligarchen und deren Helfershelfern.
Wenn es ein Erfolg für die Griechen je gegeben hat, dann ist es jener, dass Griechenland demnächst selbst bestimmen kann, wie die Reformen in Land auszusehen haben.
Dennoch ist eines auch klar. Reformen muss es geben. Ich erwarte von Europa, dass das Land dabei unterstützt wird. Ob die Regierung jetzt in Griechenland von einer linken Regierung gestellt wird, ist für mich zweitrangig. Obwohl ein bisschen merkwürdig fand ich es schon, dass ausgerechnet eine linke Partei mit einer rechtspopulistischen Partei koaliert. Soviel Pragmatismus wünsche ich mir auch mal von den deutschen Linken.
Genauso überrascht war ich, über die schnelle Vereidigung des Ministerpräsidenten. Was in unserem Land mitunter Monate dauert, bekamen die Griechen mit ihren neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in 24 Stunden hin.
Dieser musste in den letzten Tagen erfahren, dass der Spielraum für Forderungen sehr klein ist. Die Angstkarte vor einem „Grexit“ ist bereits ausgespielt und hat nicht gestochen.
„In der aktuellen Situation könnte ein Grexit – letztlich unbeabsichtigt – sogar das Gegenteil bewirken“, schreiben vier der fünf Wirtschaftsweisen in einer Analyse für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Wünschen wir den griechischen Volk für den weiteren Weg, das Gespür und die Kraft für die richtigen Entscheidungen. Möge das menschliche in den Vordergrund und die Macht des Geldes in den Hintergrund treten.
Die Welt ist schön, wenn Du sie änderst!