Am 1. Februar 2006 einigte man sich in der damaligen großen Koalition auf einen Paradigmenwechsel in der Rentenfrage. Von 2029 an, sollten Beschäftigte erst mit 67 eine volle Rente erhalten. Im März 2007 wurden diese Vorstellungen per Gesetz vom Bundestag und Bundesrat bestätigt. Auch wenn die Verlängerung der Lebensarbeitszeit mich persönlich betraf, schien dieser Schritt durchaus nachvollziehbar.
Die Zahl der Geburten sollte sich in den nächsten Jahren weit unter dem Ersatzniveau, das ist die Anzahl der Kinder die geboren werden müssen um eine Elterngeneration zu ersetzen, bewegen. Gleichzeitig prognostizierten die Demografen, dass die Menschen in unserem Land immer älter würden.
Als im Jahr 1891 auf Betreiben Otto von Bismarcks, das Gesetz über die „Invaliditäts- und Altersversicherung“ in Kraft trat, ahnte man von diesen Problemen noch nichts. Anfangs als reines Ansparsystem gedacht, erkannte man bereits 1914, dass sich dieses System nicht lange durchhalten lässt. Endgültig verabschiedete man sich jedoch erst 1957 von der Idee des Ansparsystems und führte das Umlageverfahren ein. Ab diesen Zeitpunkt ging man davon aus, dass die eingezahlten Beiträge, mit der Ausnahme einer Nachhaltigkeitsrücklage, unmittelbar an die Leistungsberechtigen ausgezahlt werden.
Um das jetzige Verfahren zu verdeutlichen, nehmen wir als Beispiel eine Gemeinschaft von 5 Personen. Einer davon hat einen monatlichen Anspruch auf die Zahlung von 8,00 €, die die Anderen erwirtschaften müssen. Jeder Beteiligte muss also 2,00 € einzahlen, damit der Anspruchsberechtigte den gewünschten Betrag erhalten kann. Nehmen wir an, der Kreis der Beteiligten ändert sich nicht, aber Person Nummer 4 hat sich nach einem Jahr, gleichfalls einen Anspruch auf Auszahlung erworben.
Ehe man sich versieht, steht die Gruppe vor einem Problem. Sage ich den Anspruchberechtigten, dass sie demnächst weniger bekommen? Muss ich den weiteren Zahlungsempfänger auf einen späteren Zeitpunkt der Auszahlung vertrösten? Oder müssen gar die Übriggebliebenen daran glauben und einfach mehr zahlen?
Das System der Rentenversicherung ist weitaus komplexer. Dennoch veranschaulicht dieses einfache Beispiel, vor welchen Herausforderungen man in der Rentenversicherung steht, wenn sich die demographische Entwicklung nicht grundlegend ändert.
Und da sind wir bei einen weiteren Problem. Demographie ist eine Wissenschaft die die Wirtschafts- und sozialpolitische Bevölkerungsentwicklung für die Zukunft ergründen möchte. Ist mit Ihr jede Entwicklung vorhersehbar? Ich denke nein.
Als Beispiel sei nur ein Artikel von dem Demografie- und Datenjournalisten Björn Schwentker erwähnt. Er weist nach, dass die Prognosezahlen für die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland ständig von den realen Zahlen abweichen. Allerdings nicht in die Richtung wie es sich mancher vorstellt. Die Bevölkerungszahl Deutschlands wächst entgegen aller Vorhersagen stetig.
Und selbst wenn die bewusste Entscheidung für ein Kind, eine längerfristige Entscheidung ist, wer mag es beurteilen, ob sich nicht in ein paar Jahren die Einstellung der Menschen ändert und es nicht wieder trendy ist, zwei oder mehr Kinder zu haben?
Dennoch frage ich mich, sind die gemachten Wahlgeschenke der Frau Nahles an die Wähler der SPD angebracht? Bei der Mütterrente kann ich mich der Auffassung der Ministerien anschließen. Für mich ist es schlicht unverständlich, das die Lebensleistung von Müttern weniger wert sein soll, wenn ihre Kinder vor 1992 auf die Welt kamen.
Schwieriger wird es schon mit der Rente ab 63. Mit der Rente von 67 hatten wir in Deutschland einen richtigen Schritt gemacht. Bei der Einführung der Rentenversicherung, sah man eine Altersrente ab dem 70. Lebensjahr vor. Zu diesem Zeitpunkt betrug die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer 46 Jahre. Heute sind es dagegen 78.
Diese gute Entwicklung verdanken wir nicht nur den wirtschaftlichen Fortschritt sondern auch der medizinischen Kunst. Eine längere Lebenszeit bedeutet für jeden ein Gewinn. Wenn die Menschen länger leben, muss der Staat diesen jedoch Perspektiven eröffnen. Er darf sich eben nicht als Jobkiller für Menschen im höheren Lebensalter betätigen. Die Unternehmen werden die neu entstandenen Freiräume nutzen um arbeitswillige ältere Menschen „sanft“ aus ihrer Tätigkeit zu drängen.
Ist ein Zurücksetzen des Rentenalters somit ein richtiger Schritt? Die Möglichkeit mit 45 Beitragsjahren in Rente zu gehen ist prinzipiell richtig. Der Jubel der bei der SPD um diese Regelung gemacht wird, scheint mir jedoch nicht angebracht.
Angeblich sollen vor allem Menschen in akademischen Berufen bis 67 arbeiten müssen, da diese in den seltensten Fällen 45 Beitragsjahre aufweisen können. Viele Menschen die einen akademischen Beruf ergreifen, findet man jedoch erst gar nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung wieder. Beamte, Richter, Berufssoldaten, Apotheker, Ärzte, Rechtsanwälte haben ihre eigenen Versorgungssysteme in Form von berufsständischen Einrichtungen.
Dies heißt somit nichts anderes, als dass die zukünftige Generation der Beitragszahler, mehr zahlen wird um die heutigen Vorstellungen der politisch Verantwortlichen zu subventionieren. Die jetzige „Reform“ kostet die Rentenkasse bis zum Jahr 2020
zusätzlich. Auf dem Bundesparteitag der CDU 2008 in Stuttgart, sagte die Kanzlerin mit Bezug auf die vergangene Finanzkrise folgendes:
„Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Man hätte hier in Stuttgart, in Baden-Württemberg, einfach nur eine schwäbische Hausfrau fragen sollen. Sie hätte uns eine ebenso kurze wie richtige Lebensweisheit gesagt, die da lautet: Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben.“
Die Welt ist schön, wenn Du sie änderst!